Michael Stavarič Lesung 14.02.2015


‚Lesung’ ist eigentlich ein viel zu zahmes Wort für einen Abend mit Michael Stavarič und seine Texte.

Wilde, intelligente Unterhaltung in einer lockeren, fast salonartigen Atmosphäre machen seine Lesungen einzigartig. Und wir im Norden können ja gar nicht genug bekommen – das war seine dritte Lesung hier innerhalb eines Jahres! (Siehe auch Berichte über seine Lesungen im Februar 2014 bei Slawski und im Juni 2014 auf der Rickmer Rickmers in Hamburg)

 

Diesmal war das Thema Literatur und Alkohol, und die Buchhandlung Slawski hat sich etwas (extra) Besonderes einfallen lassen. Es gab ein reichhaltiges Buffet inklusive Kaffee und Kuchen - so viel man essen konnte. Es gab Bier und Wein – so viel man trinken konnte (es gab allerdings auch eine Polizeikontrolle bei Holm-Seppensen mitten in der Nacht…Die war aber nicht von Slawski organisiert. Nehme ich mal an. Aber kein Problem; ich hatte einen Chauffeur für den Abend.)

Und es gab Musik und Tanzen bis zum nächsten Tag, mit unserem Schriftsteller als DJ.

 

Ach ja, und eine Lesung gab es ja auch…

Michael schrieb die Texte eigens für diese Veranstaltung – sie wurden bis jetzt nirgendwo anders veröffentlicht und ich freue mich sehr, dass er das Erlaubnis gab, ein paar Stellen zu zitieren. (fettgedruckter Text unten)

 

Der erste Text, über Wien, die Stadt, die seiner Meinung nach, zwei Dinge seit jeher vortrefflich kultiviert: Den Tod und der Alkohol kombinierte auf lustiger Art Alkohol, Zombies (wieso wurden bis jetzt keine Zombiefilme in dieser Stadt gedreht, die sich selbst als ‚morbide’ bezeichnet, wo die „schöne Leich“ längst Teil des „nationalen Weltkulturerbes“ geworden ist, wenn nicht auch hier ein paar Zombies durch die Gegend laufen dürfen, wo bitte dann?“), und den Tod, u.a.

 

Der Tod selbst sei ein Wiener gewesen, heißt es dazu in einem Wienerlied, ich glaube, mehr ist dem auch nicht hinzuzufügen, ein paar Takte schon genügen und Sie werden verstehen, wir in Wien trinken, weil wir ständig mit einem Fuße im Grabe stehen, weil wir hier den Tod tagtäglich einatmen und uns schlussendlich darauf freuen. Zum Wohl!

 

An dieser Stelle hörten wir dann Der Tod muss ein Wienersein von Georg Kreisler. Wie passend!

 

Und frag jetzt bitte nicht wie er es schaffte (ich kann ja nicht den ganzen Text abtippen – Sie hätten da sein müssen!), aber vom Tod und Zombies kam er ganz flüssig zum Wienerischen Dialekt über, und da musste man schon genau zuhören um folgendes zu verstehen:

Z wie Zniachtl (schwächliche Person)

O wie owezahn (faulenzen)

M wie Marie (Geld)

B wie Blitzgneisa (Schnelldenker, meist ironisch)

I wie Idipfalreida (I-Tüpfchenreiter, Korinthenkacker)

E wie Einedraher (Angeber)

…(Spell Check bei Word ist gerade ausgerastet bei mir ;-))…

 

Das war nur ein kleines Beispiel; nach den Wiener Ausdrücken ging es rasant weiter zum Thema Alkohol, mit Einspielung von Reblausvon Hans Moser, den Stephansdom und da waren wir schon wieder beim Tod, der in Wien vorzugsweise auf dem Zentralfriedhof enden sollte.

 

Ein zweiter Text über Wodka (und Familie) folgte, auch für diesen Abend geschrieben.

Und als Letztes las Michael einige Passagen aus Wenedikt Jerofejews Reise nach Petuschki vor, auch passend zum Thema, da es um einen hochprozentigen Monolog eines Trinkers geht, aber das werde ich nicht mal anfangen zu beschreiben, man müsste es sich im Buchladen anschauen.

 

Also, ich habe jetzt Lust nach Wien zu fahren!

Für die nächste Lesung könnte man eine Reise nach Wien organisieren und um Mitternacht auf dem Zentralfriedhof Geschichten lauschen. Mit Hut und langen Handschuhen. Und ich bin sicher, Michael wäre in der Lage, leicht gruselige Geschichten für so eine Veranstaltung zu schreiben…


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