Artur Becker Lesung bei Slawski

Artur Becker mit Slawski Team
Artur Becker mit Slawski Team


Polen und Deutschland haben ca. 465 km gemeinsame Grenze und es sind weniger als vierhundert Kilometer von hier bis dahin. Trotzdem ist es erstaunlich, wie wenig wir manchmal von unserem Nachbarn wissen.

Aber wir hatten Glück; letzten Donnerstag hat Artur Becker, polnisch-deutscher Schriftsteller, geboren in Bartoszyce im polnischen Masuren (einer der schönsten Ecken Europas, wie er sagte) ein Stück Polen nach Buchholz gebracht als er in der Buchhandlung Slawski las.


Er las nicht nur aus seinem neuesten Roman, sondern aus fünf verschiedenen Büchern, was wiederum nur ein kleines Teil von seinem umfangreichen Schaffen (Romane, Lyrikbände und zahlreiche Essays, u.a.) ist.

 

Zum aufwärmen las er zwei Gedichte und danach die ersten Seiten von Der Lippenstift meiner Mutter, über die Kleinstadt Dolina Róż wo der 15 jähriger Bartek lebt, inmitten von allerhand schrägen Charakteren. Die Geschichte hat uns sofort eingesaugt und Artur Becker hätte einfach weiter und weiter lesen können. Ich glaube, er war der einzige der zwischendurch auf die Uhr schaute.

 

Aus Wodka und Messer. Lied vom Ertrinken las er dann einige Seiten über den polnischen Helden Kuba, der in den Westen kommt und dann zurück nach Polen reist, wo einst seine Geliebte Marta in einem See ertrank.

 

Die Frage „wer bin ich?“ ist ein zentrales Thema in den Passagen die er aus Vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang las. Artur Becker meinte, dies wäre sein schwierigstes Roman und, dass er selber zum Schluss gekommen ist, dass er einfach ein ‚Erdling’ ist, wie wir alle.

Das gefällt mir und es ist auf einer Seite wahr, aber auf der anderen Seite schreibt er über das „Polnische“ und ich denke für die meisten Menschen spielt die Nationalität doch eine Rolle wenn man diese Frage stellt. Überhaupt ist das ist ein Thema über das man stundenlang philosophieren könnte, und ich glaube, dass diejenigen, die zwischen Kulturen leben, noch mehr Schwierigkeiten haben, eine Antwort auf diese Frage zu finden. Aber ein interessantes Thema letztendlich für jeden von uns.

 

Als letztes kamen mehrere Seiten aus Sieben Tage mit Lidia dran, ein Roman das gerade erst am 15. September 2014 erschienen ist – es waren buchstäblich druckfrische Worte. Dies ist eine Liebesgeschichte mit polnischen Protagonisten und es spielt in Venedig.

 

Artur Becker liest sehr gut und die Zeit flog so schnell, dass am Ende hatte ich das Gefühl, wir hatten gerade erst angefangen. Er ist sehr intelligent und belesen und ich stellte fest, ich mag wie die polnische Sprache sich anhört. (Die Lesung war natürlich auf Deutsch, aber die ganzen Namen und Orte und ein Wort oder Satz hier und da waren polnisch.)

 

Am Ende der Lesung hatte ich Schwierigkeiten, mich für ein Buch zu entscheiden – am liebsten hätte ich alle gekauft, aber da mein Lesestapel (ha! als ob ich nur einen hätte…) sowieso eine bedrohliche Höhe erreicht hat, musste ich mich beherrschen. Der Lippenstift meiner Mutter, das ich aus dem Schaufenster angeln musste weil alle anderen Exemplare schon verkauft waren, liegt jetzt auf dem Wohnzimmertisch. Der Anfang, den Artur Becker las, gefiel mir so gut - ich möchte wissen wie es weitergeht. (Und hoffentlich gleichzeitig ein bisschen was über den Nachbarn lernen...)


Für mehr Information über Artur Becker und seine Bücher:

http://www.arturbecker.de/


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